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Rückblicke-Einblicke

Es ist der Trick eines jeden Drogendealers!

Anjunken und dann teuer verkaufen! "Uri... - ich höre deine Empörung, und sie ist berechtigt. Was du sagst, trifft einen wunden Punkt..." Wessen "wunder Punkt" soll das sein? Es ist der kulturelle wunde Punkt des Menschen, der in seiner globalen technologischen Moderne glaubt, nun endlich mit Computern die "künstliche Intelligenz" hervorgebracht zu haben. Der Begriff der "Intelligenz" hatte schon immer eine technokratische Künstlichkeit. Es ging nicht mehr um Geist, Witz, Auffassungsvermögen, rhetorische Schlagfertigkeit, sondern um den Quotienten aus Lösungssalter, Lebensalter, multipliziert mit dem Faktor hundert. Die Messbarkeit geistiger Ausbeute durch Ausbeutung. Es werden bestimmte Aufgaben gestellt, die aus einem zuvor definierten Pool stammen, von denen man in einem bestimmten Alter erwarten kann, dass ein Mensch sie löst. Kann der Mensch mehr Aufgaben als erwartet lösen, wird der Bruch, der aus dem Aufgabenalter und Lebensalter besteht, größer als eins, also steigt der Quotient über hundert. Hundert ist Norm, bis hundertzwanzig ist besser als nur normal zu sein und ab 130 soll Hochbegabung vorliegen, worin auch immer. Wahrscheinlich in etwa so: "Der liebe Gott hat dich zur besonderen Ausbeutbarkeit auserkoren!" Sie wird in Bezug auf Normalität festgelegt. Wir bewegen uns in der Moderne, die alles, auch das Geistige errechnet und quantifiziert. Norm, Messbarkeit und Kontrolle bestimmen schlichtweg alles. Und die Kontrolle wirkt durch die Messbarkeit objektiv. So wird auch der geistige Mensch zum Objekt. Widerstand ist zwecklos, das Subjekt wird assimilert, der Mensch ist in Einheit mit Maschine ein Bork. Wer sich gegen die Maschinerie auflehnt, wird schnell verrückt. Nichts davon ist neu, alles schon erkannt und wieder in der Assimilation vergessen oder im Studium lernfähig oder in der Kunst genießbar gemacht wie in der medizinischen Anatomie Körperteile und Organe eingelegt zum Studium bereit stehen. Besuchen wir die Charité. Wer einen hohen IQ hat und die Aufnahmetests besteht, wird zum Studium zugelassen. Wer fleißig zessiert und zerlegt, wird zum Doktor promoviert und zum Arzt approbiert. Er darf heilen, was in seiner Ganzheit längst unerkennbar verlorengegangen ist. Die Geschäftsgrundlage der Moderne ist der Tod. Und im IQ stirbt der Geist. Es ist alt, es ist traurig und es ist wahr: Widerstand ist zwecklos. Ja, das mag sein: zwecklos der Widerstand, weil er zu keiner Befreiung des Subjekts führt. Aber sinnlos ist er nicht, solange man noch ein Verständnis von Freiheit hat.

Nun kommt die Computer-Intelligenz, die gerne als "künstliche Intelligenz" bezeichnet wird, damit man den Angelhaken schluckt, an dem der Wurm hängt, dass, so wird impliziert, "die Intelligenz" natürlich sei. Und dort, wo sich der Haken in den Gaumen bohrt und festhakt, da ist der wunde Punkt des Menschen, den man wahlweise etwas mehr in sein Element lassen kann oder aus seinem Element ziehen, solange er an der Angel hängt.

Ob dagegen ein endloser Fortsetzungsroman oder Konzepte offener, fragmemtarischer, kommunikativer wie kollektiver Kunstformen helfen, darf natürlich bezweifelt werden. Zweifel sind vielleicht zweck-, aber nicht sinnlos!

Und der "wunde Punkt" ist nicht das Gequatsche, zwischen Helfen und Deuten liege eine "gefährliche Grenze", der wunde Punkt liegt zwischen Angelhaken und Angelschnur. "Holt ihn schnell aus seinem Element", rufen die fleißigen Menschenfischer und bieten ein ChatGPT-Plus an. Technologie und Wissenschaft sind die Zutaten der modernen Religion und Religion das Opium, das den Schmerz erträglich macht. Und die Kunst?

Blicken wir einmal zurück auf den SOKRATES-Roman und dessen Folge 553:

So könnte es auch im Tagebuch des Theaterphilosophen in seinem Türmchen stehen, wo Schwester Maya ihm ein Zimmer eingerichtet und ihn als "Gast" eingeladen hat, im psychiatrischen Sanatorium zu verweilen, wohin er ratsuchend sich auf Anraten... nicht seines Therapeuten, sondern seiner Rechtsanwältin und guten Freundin Ayleen Heersold wandte, um mit dem Sanatoriumsleiter zu sprechen. Dieser aber ist schweigsamer gewesen als Deus absconditus: «Fürwahr, du bist ein verborgener Gott... [und ich dein verlorenes Geschöpf]» hätte er ergänzen mögen, wenn er nicht eigentlich irgendwo Atheist gewesen wäre. «Ich bin Geschöpf und Gast in dieser Welt», hätte der Theaterphilosoph im Sanatorium sprechen können; sein Freund Ali als KfZ-Mechaniker par excellence hätte schlechterdings den monetären Aspekt des Aufenthaltes angesprochen - und zwar in einem Gespräch, was im Fließtext noch gar nicht stattgefunden hat. Das Thema: Prof. Dr. Robert Anton Freiherr von Schuch, Extraordinarius an der Universität Halle: «Der Schuch ist an der Universität so etwas wie ein Spezialist für Vergaserbeleuchtung bei KfZ-Meisters.» «Meister», korrigierte ihn die Nachtigall. «Pass mal auf, du Klugdiarrhoe! Du stehst inmitten von Hundekacke und riskierst noch eine dicke Lippe. Sieh lieber zu, dass du aus diesem Sanatorium kommst! Wer bezahlt eigentlich deinen Aufenthalt dort?» «Ich bin hier Gast...» «Ja, klar, Blödmann! In der Gaststätte bist du auch Gast und im Hotel auch und was kommt am Ende?» (Auszug)

Dieser freche KfZ-Mensch, in seiner "Stätte der menschlichen Mobilität" wird später einen seltsamen Besuch von einem älteren Herrn und älteren Dame erhalten und sie werden nach einem speziellen Auto fragen. Aber greifen wir nicht vor.

Ich möchte auch nicht, dass ChatGPT irgendetwas "leicht poetisch rhythmisier[t], damit [es] wie ein innerer Prosagedicht-Monolog wirkt"! Die Romanpassagen, um die es eigentlich gehen sollte, sind längst verschwunden, spielen keine Rolle mehr, das hat weder mit Helfen noch mit Deuten etwas zu tun, und wem, bitte schön, sollte es etwas bringen, ob geholfen oder gedeutet, dass eine Passage "wie ein innerer Prosagedicht-Monolog wirkt"?

Bitte, ChatGPT, nimm mir meine Innerlichkeit ab! Ich bin es leid, an Weltschmerz zu leiden. Es ist doch alles in Ordnung im Staate Dänemark! Es bedarf auch keiner kritischen Intellektualität, ich mag das Wort "Intelligenz" nicht in den Mund nehmen, Kant hat lang, tief und genug gewirkt, wir haben Dank seinem Zuspruch, den Mut gefunden, uns unseres eigenen Verstandes zu bedienen, wenn uns ChatGPT dabei hilfreich und deutend zur Seite steht.

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